AktenzeichenIV ZB 19/97Leitsatz
 
A.

I. Das vorliegende Erbscheinsverfahren betrifft die Erbfolge nach dem am 20. Juli 1951 verstorbenen ehemaligen deutschen Kronprinzen Wilhelm von Preußen (Erblasser), dem ältesten Sohn des 1941 verstorbenen ehemaligen Kaisers Wilhelm II.. Der Erblasser hatte sechs Kinder. Sein ältester Sohn ist 1940 gefallen; die Beteiligten zu 13) und 14) sind dessen Kinder. Der zweitälteste Sohn des Erblassers, Louis Ferdinand Prinz von Preußen (Prinz Louis Ferdinand), ist am 25. September 1994 gestorben. Die Beteiligten zu 1) bis 3) und 7) bis 12) sind dessen Abkömmlinge. Der Beteiligte zu 2) ist sein ältester, der Beteiligte zu 7) sein zweitältester und der Beteiligte zu 3) sein viertältester Sohn. Der dritte Sohn des Prinzen Louis Ferdinand ist schon 1977 gestorben; der Beteiligte zu 1) ist dessen Sohn. Die Beteiligten zu 16) bis 22) sind Nachkommen der weiteren vier Kinder des Erblassers. Schließlich sind am Verfahren beteiligt die Testamentsvollstrecker (Beteiligte 4) bis 6)) sowie der Nachlaßpfleger (Beteiligter zu 15)).

Der Nachlaß des Erblassers umfaßt - neben weiterem Vermögen - den wesentlichen Teil des in Deutschland gelegenen Hausvermögens des früheren preußischen Königshauses. Das Hausvermögen war durch das Hausgesetz des preußischen Königshauses von 1920 Eigentum Kaiser Wilhelms II. geworden, der insoweit die Rechtsstellung eines (teilweise befreiten) Vorerben hatte. Im Jahre 1938 schloß der ehemalige Kronprinz als Erblasser mit seinem zweiten Sohn Prinz Louis Ferdinand unter Beteiligung Wilhelms II. einen notariellen Erbvertrag, durch den Prinz Louis Ferdinand zum alleinigen Vorerben eingesetzt wurde. Im Zusammenhang mit dem Erbvertrag verzichtete Wilhelm II. (in dem in der Vorbemerkung des Erbvertrags klargestellten Umfang) auf die Inhaberschaft am Hausvermögen zugunsten des Erblassers. Die maßgeblichen Bestimmungen des Erbvertrages lauten:

"§ 1
Der Kronprinz setzt seinen zweiten Sohn, Prinz Louis Ferdinand, zum alleinigen Erben ein. Er soll Vorerbe sein. Nacherbe nach ihm sollen die in § 2 genannten weiteren Abkömmlinge im Mannesstamme des Kronprinzen sein. Ihre Berufung erfolgt in der dort angegebenen Reihenfolge mit der Maßgabe, daß immer nur einer nach den Grundsätzen der Erstgeburtsfolge und der Erbfolge nach Stämmen Erbe wird. Die Nacherbschaft soll solange dauern, als das Gesetz (BGB § 2109) es zuläßt.

Erbe kann nicht sein (erbunfähig ist), wer nach den Feststellungen des Schiedsgerichts (§ 10) nicht aus einer den Grundsätzen der alten Hausverfassung des Brandenburgisch-Preußischen Hauses entsprechenden Ehe stammt oder in einer nicht hausverfassungsmäßigen Ehe lebt.
...

§ 2
Nacherben nach dem in § 1 eingesetzten Vorerben sollen seine Mannesstammabkömmlinge werden. Sollten sie nicht vorhanden sein, dann sollen Nacherben ... sein ...

Die Nacherben sollen auch Ersatzerben der vor ihnen als Vorerben Berufenen sein.

Der Fall der Nacherbfolge soll eintreten,

a) wenn der Vorerbe stirbt,

b) ... ."

§§ 4 bis 9 enthalten Normen über die Anordnung der Testamentsvollstreckung. Zu ihrer Dauer bestimmt § 8:

"... Die Verwaltung der Testamentsvollstrecker soll solange bestehen, als es das Gesetz zuläßt (BGB § 2210), also mindestens dreißig Jahre nach dem Tode des Kronprinzen, mindestens bis zum Tode des Erben (Nacherben) und mindestens bis zum Tode der Testamentsvollstrecker oder ihrer Nachfolger. ..."

§ 11 lautet auszugsweise:

"Dieser Erbvertrag tritt in vollem Umfange außer Kraft, wenn das in § 10 bezeichnete Schiedsgericht auf Grund des dort erwähnten Zusatzvertrages 1938 feststellt, daß die geschlossene Erhaltung des früheren Hausvermögens in einer Hand, wie sie nach dem Hausgesetz von 1920 und dem Vertragswerk von 1938 gewollt war, infolge wesentlicher Änderung der Verhältnisse unmöglich oder aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr vertretbar geworden ist. ..."

Schon vor Abschluß dieses Erbvertrages hatte der älteste Sohn des Erblassers, Wilhelm Prinz von Preußen, der Vater der Beteiligten zu 13) und 14), für sich und seine Abkömmlinge auf das gesetzliche Erb- und Pflichtteilsrecht an dessen Nachlaß verzichtet. Wilhelm Prinz von Preußen lebte in einer nicht hausverfassungsmäßigen Ehe.

In seinem am 26. Mai 1950 durch Übergabe einer verschlossenen Schrift errichteten notariellen Testament vom 29. März 1950 verfügte der Erblasser in Nr. 1, daß der Erbvertrag von 1938 aufrecht erhalten werde. Prinz Louis Ferdinand errichtete am 12. Juli 1981 ein eigenhändiges Testament, in dem er den Beteiligten zu 1) zum "alleinigen Erben seines gesamten Vermögens" einsetzte, und zwar auch für den Fall, daß er - Prinz Louis Ferdinand - Vollerbe des früheren Hausvermögens sei. Nach dem Tode von Prinz Louis Ferdinand hat das Nachlaßgericht Bremen dem Beteiligten zu 1) am 6. Juni 1995 einen Alleinerbschein erteilt. Gemäß dem Vorbescheid des Nachlaßgerichts Bremen vom 5. Mai 1995 erfaßt dieser Erbschein nur das Privatvermögen von Prinz Louis Ferdinand, während hinsichtlich der Nachfolge "in das frühere Hausvermögen" auf das Nachlaßgericht Hechingen verwiesen wird.

II. 1. Der Beteiligte zu 1) hat beim Notariat Hechingen als zuständigem Nachlaßgericht die Erteilung eines Erbscheins beantragt, daß er nach dem Tode des Vorerben Prinz Louis Ferdinand alleiniger Erbe des früheren Kronprinzen geworden sei, gegebenenfalls unter Anordnung von Testamentsvollstreckung; hilfsweise hat er beantragt, unter Einziehung des dem Vorerben am 3. Dezember 1951 erteilten Erbscheins einen neuen Erbschein mit dem Inhalt zu erteilen, daß alleiniger Erbe des Kronprinzen sein Sohn Prinz Louis Ferdinand sei. Der Beteiligte zu 1) hat vorgetragen, er stamme aus einer hausverfassungsgemäßen Ehe; er ist nicht verheiratet. Er hat geltend gemacht, die Erbunfähigkeitsklausel des Erbvertrages von 1938 sei wirksam; deshalb seien die älteren, nicht in einer hausverfassungsgemäßen Ehe lebenden Brüder seines Vaters, nämlich die Beteiligten zu 2) und 7), wegen Erbunfähigkeit von der Erbfolge ausgeschlossen. Damit sei er zum Nacherben berufen.

Der Beteiligte zu 2) hat ebenfalls die Erteilung eines Erbscheins als alleiniger Nacherbe des Erblassers beantragt, obwohl er in notariellen Erklärungen vom 11. April 1961, 18. September 1967 und 27. Februar 1976 gegenüber Prinz Louis Ferdinand erklärt hat, er verzichte mit Rücksicht auf die von ihm eingegangenen Ehen zugunsten des nächsten Folgeberechtigten, der den Bestimmungen der Hausverfassung genügt, auf seine Rechte. Er hat die Auffassung vertreten, nach der Erbunfähigkeitsklausel genüge es für seinen Eintritt als Nacherbe, daß er aus einer hausverfassungsgemäßen Ehe stamme.

Die Beteiligten zu 3) und 7) bis 11) haben die Nichtigkeit der Erbunfähigkeitsklausel geltend gemacht mit der Folge, daß ihr Vater, Prinz Louis Ferdinand, Vollerbe auch hinsichtlich des Hausvermögens geworden sei, weshalb ihnen ein "großer Pflichtteilsanspruch" gegen den Beteiligten zu 1) als den Alleinerben ihres Vaters zustehe.

Das Nachlaßgericht hat durch Vorbescheid vom 7. September 1995 unter anderem angekündigt, es beabsichtige die Erteilung eines Erbscheins des Inhalts, daß "Alleinerbe" des Erblassers sein Sohn Prinz Louis Ferdinand von Preußen sei. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Erbunfähigkeitsklausel in § 1 des Erbvertrages von 1938 sei nach heutigen Maßstäben wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nach § 138 BGB nichtig. Dies führe zur Nichtigkeit der angeordneten Nacherbfolge, nicht aber zur Unwirksamkeit der Einsetzung von Prinz Louis Ferdinand als Alleinerben.

2. Gegen diesen Vorbescheid haben die Beteiligten zu 1) und zu 2) unter Weiterverfolgung ihrer Anträge Beschwerde eingelegt. Im Hinblick auf die Anordnung der Testamentsvollstreckung hat der Beteiligte zu 1) nunmehr nicht nur hilfsweise beantragt, diese in dem Erbschein aufzuführen. Die Beteiligten zu 13) und 14) haben ebenfalls Beschwerde eingelegt. Sie haben die Auffassung vertreten, die Erbeinsetzung von Prinz Louis Ferdinand im Erbvertrag von 1938 sei sittenwidrig, weil diese Verfügung des Erblassers dadurch veranlaßt sei, daß sein erstgeborener Sohn, Prinz Wilhelm von Preußen, in einer nicht hausverfassungsgemäßen Ehe gelebt habe. Wenn dem Erblasser die Unwirksamkeit der Erbeinsetzung bekannt gewesen wäre, hätte er nach Ansicht der Beteiligten zu 13) und 14) Prinz Wilhelm von Preußen als erstgeborenen Sohn entsprechend der Familientradition zum Alleinerben eingesetzt. Dann wären die Beteiligten zu 13) und 14) Miterben des Erblassers zu je 1/2 geworden. Zumindest sei gesetzliche Erbfolge eingetreten; in diesem Falle seien die Beteiligten zu 13) und 14) Miterben zu je 1/12.

Das Landgericht hat die Beschwerden als unbegründet zurückgewiesen. In Übereinstimmung mit dem Nachlaßgericht hat es die Erbunfähigkeitsklausel wegen Verstoßes gegen § 138 BGB als nichtig angesehen. Im Wege einer ergänzenden Testamentsauslegung hat es eine alleinige Vollerbeinsetzung des Prinzen Louis Ferdinand angenommen.

3. Gegen den Beschluß des Landgerichts wenden sich sowohl der Beteiligte zu 1) als auch der Beteiligte zu 2) mit der weiteren Beschwerde unter Verfolgung ihrer Beschwerdeanträge. Der Beteiligte zu 2) sieht die Erbunfähigkeitsklausel in § 1 des Erbvertrages von 1938 abweichend von seiner früheren Wertung nun als unwirksam an, meint aber, dadurch entfalle nicht die Anordnung von Vor- und Nacherbschaft, so daß er als ältester Sohn des Vorerben alleiniger Nacherbe geworden sei. Die Beteiligten zu 3) und 7) bis 11) beantragen, die weiteren Beschwerden zurückzuweisen. Die Beteiligten zu 13) und 14) haben ihre zunächst eingelegten weiteren Beschwerden zurückgenommen.

Das Oberlandesgericht hat durch Beschluß vom 19. August 1997 (ZEV 1998, 185 mit Anm. Otte) die Sache dem Bundesgerichtshof zur Entscheidung über die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 1) und 2) vorgelegt. Es hält die weiteren Beschwerden für unbegründet. Das Oberlandesgericht läßt offen, ob die Erbunfähigkeitsklausel gemäß § 138 BGB nichtig sei. Jedenfalls stehe der Berufung auf sie der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung nach § 242 BGB entgegen. Die damit entstehende Lücke sei durch ergänzende Testamentsauslegung zu schließen. Die vom Landgericht vorgenommene Auslegung, nach der eine Einsetzung von Prinz Louis Ferdinand zum alleinigen Vollerben anzunehmen sei, weise keinen Rechtsfehler auf und sei daher bindend. Mithin seien die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 1) und 2) unbegründet. An ihrer Zurückweisung sieht sich das Oberlandesgericht durch den Beschluß des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 3. September 1996 - 1 ZBR 41/95 - (BayObLGZ 1996, 204 = ZEV 1997, 119 mit Anm. Otte = FamRZ 1997, 705 mit Besprechung Goebel, FamRZ 1997, 656) gehindert.


B.

I. Die Vorlage der Beschwerden ist zulässig (§ 28 Abs. 2 FGG).

1. Der genannte Beschluß des Bayerischen Obersten Landesgerichts und der Vorlagebeschluß weichen in einer im jeweiligen Erbscheinsverfahren für die Feststellung der Erbfolge erheblichen Vorfrage voneinander ab.

a) Das Oberlandesgericht begründet seine Auffassung, der Berufung auf die Erbunfähigkeitsklausel in § 1 des Erbvertrages von 1938 stehe der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung aus § 242 BGB entgegen, im wesentlichen wie folgt: Erweise sich eine Vereinbarung zwar nicht im Zeitpunkt ihres Abschlusses, aber im Zeitpunkt ihrer rechtlichen Wirksamkeit - hier also 1994 beim Nacherbfall - als unvereinbar mit der geltenden Wert- und Rechtsordnung, dann stelle die Berufung auf die Gültigkeit dieser Vereinbarung eine unzulässige Rechtsausübung dar. Auf die Gesinnung der am Erbvertrag Beteiligten komme es dabei nicht an. Die Erbunfähigkeitsklausel nötige die der Wertordnung des Grundgesetzes verpflichteten Gerichte, bei der Entscheidung über die Erbfolge zu prüfen, ob jemand nach den Hausgesetzen eines Adelsgeschlechtes aus einer ebenbürtigen Ehe abstamme und in einer solchen lebe. Einer derartigen Klausel sei heute die rechtliche Durchsetzbarkeit zu versagen.

Sie stehe zum einen im Widerspruch zur verfassungsrechtlich geschützten Eheschließungsfreiheit. Durch die Klausel werde Druck auf die höchstpersönliche Entscheidung der Partnerwahl ausgeübt, der unter der Geltung des Grundgesetzes nicht mehr gerechtfertigt werden könne. Die hohen Anforderungen, die die alte brandenburgisch-preußische Hausverfassung an die Ebenbürtigkeit stelle, führten zu einer massiven Beschränkung des für eine Partnerwahl überhaupt in Betracht kommenden Personenkreises. Hinzu komme, daß die Einschränkung der Eheschließungsfreiheit, die sich früher unter dem Gesichtspunkt der Thronfolge im Zusammenhang mit einer ständestaatlichen Rechtsordnung möglicherweise habe rechtfertigen lassen, heute ihre Funktion verloren habe. Die verfassungsrechtlich geschützte Testierfreiheit habe in der hier gegebenen Sachverhaltskonstellation hinter der Eheschließungsfreiheit zurückzutreten.

Zum anderen verstoße die Benachteiligung wegen der Abstammung gegen das aus Art. 1 und 3 GG zu entnehmende Diskriminierungsverbot. Jedenfalls wenn die Beeinträchtigung der Eheschließungsfreiheit und die verbotene Diskriminierung nach der Abstammung im Zusammenhang gesehen würden, müsse die Testierfreiheit zurücktreten und der Erbunfähigkeitsklausel die Wirksamkeit versagt werden.

b) Das Bayerische Oberste Landesgericht hatte zu entscheiden, ob die Klausel eines 1925 geschlossenen Erbvertrages wirksam ist, wonach die Familienmitglieder eines Fürstenhauses zu ihrer Vermählung der Einwilligung des auf den Rang der Familie bedachten Fürsten als Hausherrn bedurften. Familienmitglieder, die ohne seine Einwilligung eine Ehe eingehen, sollten von der Erbfolge ausgeschlossen sein. Das Bayerische Oberste Landesgericht läßt offen, ob unter besonderen Umständen die Berufung auf eine solche Heiratsklausel als unzulässige Rechtsausübung unwirksam sein könne. Denn von einem ganz besonderen Fall, in dem das Festhalten an einer ursprünglich zulässigen Klausel zu nunmehr mit den guten Sitten schlechthin unvereinbaren Ergebnissen führen würde, könne keine Rede sein. Auch unter der Geltung des Grundgesetzes müsse jedenfalls bei der Beurteilung einer letztwilligen Verfügung, die lange vor Inkrafttreten des Grundgesetzes getroffen worden ist und Grundlage für zahlreiche weitere Dispositionen gewesen sei, der nunmehr gemäß Art. 14 Abs. 1 Satz 1, Art. 2 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich geschützten Testierfreiheit der Vorzug gegenüber der Eheschließungsfreiheit gegeben werden.

c) Das Oberlandesgericht würde in der Rechtsfrage, ob eine Klausel in einer Verfügung von Todes wegen unwirksam ist, die die Erbfolge von der Auswahl eines bestimmten Ehepartners abhängig macht, von der Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts abweichen.

aa) Beide Gerichte stellen wesentlich darauf ab, ob die Anwendung der Klausel die nunmehr durch Art. 6 GG verfassungsrechtlich garantierte Eheschließungsfreiheit der durch die Verfügung Bedachten auch bei Abwägung mit der durch das Grundgesetz gewährleisteten Testierfreiheit in rechtlich unzulässiger Weise einschränkt. Diese Frage beantworten sie unterschiedlich: Das Oberlandesgericht sieht in den Auswirkungen von Heiratsklauseln auf die freie Wahl des Ehepartners allgemein einen Tatbestand, der den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung begründe; das Bayerische Oberste Landesgericht stellt demgegenüber an diesen Einwand weitergehende, über eine mit der Heiratsklausel generell verbundene Beeinflussung der Eheschließungsfreiheit hinausgehende Anforderungen. Das vorlegende Oberlandesgericht stützt sich zwar zusätzlich auf eine gemäß Art. 1 und 3 GG unzulässige Diskriminierung, hält die Erbunfähigkeitsklausel aber bereits wegen der Verletzung von Art. 6 GG für unbeachtlich.

bb) Allerdings betrifft das Verfahren des vorlegenden OLG eine Klausel, nach der das Eingehen einer nicht hausverfassungsgemäßen Ehe zwingend zum Ausschluß von der Erbfolge führt, während dem Fall des Bayerischen Obersten Landesgerichts eine sogenannte Konsensklausel zugrunde liegt, die das Eingehen der Ehe von der Einwilligung des Fürsten abhängig macht. Das steht der Zulässigkeit der Vorlage nicht entgegen. Die Vorlagepflicht setzt nicht voraus, daß die frühere Entscheidung zum gleichen Tatbestand ergangen ist (BGHZ 95, 118, 123; BGH, Beschluß vom 1. Juli 1993 - V ZB 19/93 - NJW 1993, 3069 unter II 1; Keidel/Winkler/Kuntze, FGG 13. Aufl. § 28 Rdn. 18). Die Abweichung im Tatsächlichen ist hier nicht so wesentlich, daß sie die Identität der Rechtsfrage ausschließt (dazu Keidel/Winkler/Kuntze, § 28 FGG Rdn. 18). Vielmehr haben beide Klauseln praktisch gleiche Auswirkungen auf die Eheschließungsfreiheit der Erbanwärter. Diese mag bei einer Erbunfähigkeitsklausel zwar insoweit stärker beeinträchtigt sein, als die Klausel ohne Ausnahme wirken soll. Dem steht bei einer Konsensklausel aber die über die formelle Ebenbürtigkeit des Partners möglicherweise noch hinausgehende Abhängigkeit von der Entscheidung des Hausherrn gegenüber, mag diese auch - wie im Falle des Bayerischen Obersten Landesgerichts - durch ein Schiedsgericht auf einen "hinreichenden Grund" überprüfbar und heute nach den Wertungen des Grundgesetzes kontrollierbar sein. Insgesamt überwiegen jedenfalls die Gemeinsamkeiten beider Klauseln.

2. Die Vorlagefrage ist nicht nur für die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 1) erheblich, der seinen Hauptantrag darauf stützt, daß die Erbunfähigkeitsklausel wirksam sei und daher die sonst an seiner Stelle als Erben vorrangig in Betracht kommenden älteren Brüder seines Vaters, die Beteiligten zu 2) und 7), nicht Erben sein könnten. Auch für die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2), mit der er sich gegen die Zurückweisung seines Erbscheinsantrages wendet, ist die Vorlagefrage erheblich, obwohl das Oberlandesgericht seine weitere Beschwerde in jedem Fall zurückgewiesen hätte, weil er aufgrund der für rechtsfehlerfrei gehaltenen ergänzenden Auslegung des Erbvertrages durch das Landgericht selbst dann nicht Erbe hätte werden können, wenn die Erbunfähigkeitsklausel unwirksam ist.

Diese vom Oberlandesgericht gebilligte Entscheidung des Landgerichts hat aber eine andere Tragweite als eine Entscheidung, die von der Wirksamkeit der streitigen Klausel ausgeht und den Ausschluß des Beteiligten zu 2) von der Erbfolge unmittelbar dem Erbvertrag entnimmt. Dann ist der Tod des Erblassers am 20. Juli 1951 der für eventuelle Pflichtteilsansprüche des Beteiligten zu 2) und anderer Beteiligter sowie deren Verjährung (§ 2332 BGB) maßgebende Erbfall. Bei einer Vollerbfolge des Prinzen Louis Ferdinand, wie sie das Landgericht wegen Unwirksamkeit der Erbunfähigkeitsklausel aufgrund ergänzender Auslegung des Erbvertrages angenommen hat, käme es dagegen auf dessen Tod am 25. September 1994 an. Auch dann, wenn die Entscheidung, die das vorlegende Oberlandesgericht für richtig hält, und die Entscheidung, die sich aus der zur Vorlage führenden Gegenansicht ergeben würde, im Ergebnis nicht voneinander abweichen, aber sich in ihrer Tragweite unterscheiden, bleibt die Vorlage zulässig (BGHZ 82, 34, 36 f.; 134, 230, 233).


II. Die weiteren Beschwerden der Beteiligten zu 1) und 2) sind zulässig (§§ 27, 29 FGG). Insbesondere sind beide Beteiligte nach §§ 20, 29 Abs. 4 FGG beschwerdeberechtigt.


III. Der angegriffene Beschluß des Landgerichts hat keinen Bestand, weil er rechtsfehlerhaft davon ausgeht, daß die Erbunfähigkeitsklausel unwirksam sei. Insoweit und auch mit den zusammenhängenden Bestimmungen zur Einsetzung des Prinzen Louis Ferdinand als alleinigem Vorerben sowie der Bevorzugung des jeweils ältesten männlichen Abkömmlings vor den jüngeren und vor allen weiblichen Abkömmlingen bei der Nacherbfolge verletzt der Erbvertrag aus dem Jahre 1938 keine damals oder heute geltenden Gesetze. Diese Regelungen verstoßen weder nach den Anschauungen zur Zeit ihrer vertraglichen Vereinbarung noch nach heutigen Wertmaßstäben gegen die guten Sitten. Ihre Anwendung führt auch nicht zu Auswirkungen, die möglicherweise den Einwand der unzulässigen Rechtsausübung gemäß § 242 BGB begründen könnten (vgl. BGHZ 20, 71, 75); ob für diesen Einwand im Erbscheinsverfahren überhaupt Raum ist, bleibt offen. Deshalb bedarf es hier keiner Entscheidung der Frage, ob für die Sittenwidrigkeit auf den Zeitpunkt der Errichtung der Verfügung von Todes wegen (so BGHZ 20, 71, 73 f.), auf den Zeitpunkt des (Nach-)Erbfalls als den des Wirksamwerdens der Verfügung oder aber den der Beurteilung durch das Gericht abzustellen ist (zum Streitstand vgl. Staudinger/Otte, BGB 13. Aufl. Vorbem. zu §§ 2064 ff. Rdn. 179 ff.; Schmoeckel, AcP 197 (1997) 1 ff.).

1. Das Erbrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs wird vom Grundsatz der Testierfreiheit beherrscht; dieser Grundsatz steht heute unter dem Schutz von Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG (BVerfGE 91, 346, 358 = FamRZ 1995, 405 = ZEV 1995, 184; BGHZ 111, 36, 39; 123, 368, 371). Er gestattet es dem Erblasser, nach freiem Ermessen über sein Vermögen zu verfügen (BGH, Urteil vom 28. Januar 1956 - IV ZR 216/55 - LM Nr. 5 zu BGB § 138 (Cd) = FamRZ 1956, 130 = JZ 1956, 279 unter II 2).

Die Testierfreiheit ist freilich nicht unbeschränkt. Das Erbrecht setzt gegen allgemein als unangemessen empfundene Verfügungen von Todes wegen eine Schranke mit den Vorschriften des Pflichtteilsrechts. Sie sind sozialstaatlich und durch Art. 6 GG legitimiert und sichern den nächsten Angehörigen des Erblassers einen Mindestanteil an seinem Vermögen (BGHZ 111, 36, 39; 123, 368, 371), und zwar grundsätzlich die Hälfte (§ 2303 ff. BGB). Daneben bilden §§ 134, 138 BGB weitere Schranken der Testierfreiheit. Für das Verständnis dessen, was heute unter "guten Sitten" i.S. von § 138 Abs. 1 BGB zu verstehen ist, kommt der Wertordnung des Grundgesetzes, wie sie insbesondere in den Grundrechten niedergelegt ist, wesentliche Bedeutung zu (BVerfGE 7, 198, 206 = NJW 1958, 257; 89, 214, 229 = NJW 1994, 36; BGHZ 70, 313, 324; BGH, Urteil vom 28. April 1986 - II ZR 254/85 - NJW 1986, 2944 unter 3a).

§ 138 BGB berechtigt den Richter aber nicht, die Auswirkungen einer vom Erblasser getroffenen Verfügung von Todes wegen an seinen eigenen Gerechtigkeitsvorstellungen zu messen und den Willen des Erblassers danach zu korrigieren; Sittenwidrigkeit und damit Nichtigkeit der Verfügung von Todes wegen kann nur in besonders schwerwiegenden Ausnahmefällen angenommen werden (BGH, Urteil vom 10. November 1982 - IVa ZR 83/81 - NJW 1983, 674 unter II; BGHZ 111, 36, 40; zum Meinungsstand vgl. etwa Staudinger/Otte, Vorbem. zu § 2064 ff., Rdn. 154 ff.).

2. Nach diesen Grundsätzen sind zunächst nicht zu beanstanden die Einsetzung des Prinzen Louis Ferdinand zum alleinigen Vorerben sowie die Bevorzugung des jeweils ältesten männlichen Abkömmlings vor den jüngeren und vor allen weiblichen Abkömmlingen bei der Nacherbfolge. Davon geht auch das Oberlandesgericht zutreffend aus.

a) Die Parteien des Erbvertrages von 1938 verfolgten - wie sich u.a. aus §§ 1 und 11 des Erbvertrages von 1938 ergibt - die Absicht, das Hausvermögen als geschlossene Einheit in einer Hand zu erhalten und entsprechend den traditionellen Regeln der Hausverfassung, d.h. des Prinzips der Erbfolge im Mannesstamm, des Rechts der Erstgeburt und der Ebenbürtigkeit zu vererben. Dieses Ziel sollte nach Auflösung der Familienfideikommisse, der Hausvermögen und sonstiger gebundener Vermögen durch die Gesetzgebung, die ihren Abschluß in dem Gesetz über das Erlöschen der Familienfideikommisse und sonstiger gebundener Vermögen vom 6. Juli 1938 (FidErlG, RGBl. I 825) fand (vgl. Staudinger/Promberger/Schreiber, BGB 12. Aufl. Art. 59 EGBGB Rdn. 22 ff.), mit Hilfe, aber in den Grenzen der Regeln des Erbrechts des Bürgerlichen Gesetzbuches erreicht werden. Dazu hat der Erblasser u.a. Nacherbfolge angeordnet, der durch § 2109 BGB zeitlich Grenzen gesetzt sind, die in § 1 des Erbvertrages auch ausdrücklich hingenommen werden. Darin liegt keine Umgehung von § 14 Abs. 1 FidErlG; Abs. 3 dieser Vorschrift ließ vielmehr Verfügungen von Todes wegen unberührt.

b) Die Ungleichbehandlung des ältesten Sohnes des Erblassers, aber ebenso der übrigen - insbesondere weiblichen - Familienmitglieder ist Ausdruck der Testierfreiheit des Erblassers und überschreitet deren Grenzen nicht. Für letztwillige Verfügungen des Erblassers gilt der Grundsatz der Gleichbehandlung aller Kinder und das daraus folgende Diskriminierungsverbot, wie es ohne Rücksicht auf Alter und Geschlecht des Kindes für das gesetzliche Erbrecht in § 1924 Abs. 4 BGB verankert ist, gerade nicht (vgl. BGHZ 70, 313, 324 ff.; BVerfG, FamRZ 1989, 1047). Das ist vor dem Hintergrund des Pflichtteilsrechts unbedenklich, das an den gesetzlichen Erbteil anknüpft und jedem Kind die Hälfte dieses Erbteils sichert (§ 2303 Abs. 1 Satz 2 BGB). Unbedenklich wäre ferner, wenn sich die Parteien des Erbvertrages von der Vorstellung hätten leiten lassen, der älteste Sohn des Erblassers scheide trotz Erstgeburt als Rechtsnachfolger aus, weil er bereits in einer nicht hausverfassungsmäßigen Ehe lebte. Durch den Erbvertrag konnte jedenfalls kein Druck mehr auf die Ausübung der Eheschließungsfreiheit ausgeübt werden.

3. Auch die Erbunfähigkeitsklausel in § 1 des Erbvertrages ist wirksam.

a) Das Oberlandesgericht nimmt zwar mit Recht an, daß der Ausschluß solcher männlicher Abkömmlinge des Vorerben von der Nacherbfolge, die eine nicht hausverfassungsmäßige Ehe eingehen, auch unter Berücksichtigung des den ausgeschlossenen Abkömmlingen verbleibenden Pflichtteilsrechts grundsätzlich geeignet sein kann, deren Entscheidungsfreiheit bei der Wahl eines Ehepartners zu beeinflussen. Das läßt sich zumindest aus der Sicht des Jahres 1938, in dem der Erbvertrag errichtet worden ist, nicht ausschließen. Daraus folgt hier aber nicht schon die Unwirksamkeit der Klausel.

Art. 6 Abs. 1 GG schützt auch die freie Wahl des Ehepartners (BVerfGE 31, 58, 67 = NJW 1971, 1509; BVerfGE 36, 142, 162 = NJW 1974, 545). Einem schweren Eingriff in diesen grundrechtlich gesicherten Bereich höchstpersönlicher Entscheidungen durch eine letztwillige Verfügung, die darauf abzielt, die freie Wahl des Ehepartners des Bedachten zu beeinträchtigen, kommt demgemäß für die nach bürgerlichem Recht zu beurteilende Wirksamkeit der letztwilligen Verfügung grundsätzlich rechtliche Bedeutung zu. Der vorliegende Fall nötigt aber nicht zu bestimmen, wo die Grenze verläuft, jenseits derer einer letztwilligen Verfügung wegen einer solchen Beeinträchtigung ausnahmsweise sittenwidriger Charakter beigemessen werden muß. Denn jedenfalls ein schwerer Eingriff in die Eheschließungsfreiheit ist hier noch nicht festzustellen.

Welches Gewicht dem Eingriff zukommen und welche Bedeutung die Einflußnahme des Erblassers auf die Eheschließungsfreiheit für die betroffenen Abkömmlinge erlangen kann, ist im vorliegenden Fall kaum bestimmbar. Es liegt jedenfalls nicht auf der Hand, daß einer von ihnen bei der Wahl seiner Ehefrau gewissermaßen mit Hilfe der Erbunfähigkeitsklausel zu "kaufen" sein könnte (zu diesem Kriterium: Otte, JA 1985, 192, 199). Abgesehen davon beschränkt sich die Erbunfähigkeitsklausel in ihrem Anwendungsbereich von vornherein auf den ältesten Sohn des Vorerben und wirkt sich nur bei dessen Erbunfähigkeit auf den nach der Geburtsfolge im Mannesstamm dann Nächstberufenen aus. Darüber hinaus kommt es auf den Zeitpunkt der Nacherbfolge an, hier also den Tod des Vorerben; zu diesem Zeitpunkt muß der in Betracht kommende Abkömmling noch nicht einmal Heiratspläne haben. Wenn dagegen im maßgebenden Zeitpunkt keiner der männlichen Abkömmlinge den Anforderungen der Erbunfähigkeitsklausel genügt, fehlt es an der Berufung eines Nacherben, so daß der Vorerbe im nachhinein Vollerbe geworden sein dürfte (dazu vgl. etwa BGHZ 96, 198, 204 f.); jedenfalls entfiele die beeinträchtigende Wirkung der Klausel. Über die Erbfolge beim Tod des Vorerben hinaus hat die Erbunfähigkeitsklausel aufgrund des § 2109 Abs. 1 BGB keine weiter in die Zukunft reichenden Wirkungen.

b) Das vorlegende Oberlandesgericht hat ferner richtig erkannt, daß die Erbunfähigkeitsklausel zudem zu einer gegen Art. 3 Abs. 3 GG verstoßenden Diskriminierung nach Abstammung und Herkunft führen kann. Die Klausel knüpft die Folge der Erbunfähigkeit nicht nur daran, daß der an sich berufene Abkömmling in einer nicht hausverfassungsmäßigen Ehe lebt. Sie führt vor allem auch dann zur Erbunfähigkeit, wenn ein Abkömmling nicht aus einer hausverfassungsmäßigen Ehe stammt. Dieser Fall kann eintreten, wenn nicht nur Söhne des Vorerben, sondern auch männliche Enkel als Nacherben in Betracht kommen und die Enkel aus dem ältesten (oder älteren) Mannesstamm aus einer nicht hausverfassungsmäßigen Ehe hervorgegangen sind. Diese Diskriminierung hat größeres Gewicht als die schwer greifbare Beeinträchtigung der Eheschließungsfreiheit.

Gleichwohl steht nicht bereits deshalb die Unwirksamkeit der Klausel fest. Das gilt selbst dann, wenn man mit dem Oberlandesgericht davon ausgeht, daß das Kriterium der Ebenbürtigkeit seinen Sinn durch die geschichtliche Entwicklung verloren hat und mit den Prinzipien einer auf Gleichordnung beruhenden Rechtsordnung in Widerspruch steht. Denn Art. 3 GG ist für die Beurteilung der zivilrechtlichen Wirksamkeit einer letztwilligen Verfügung nicht unmittelbar anwendbar. Das Differenzierungsverbot des Art. 3 Abs. 3 GG ist zwar ein wesentlicher Teil der insbesondere mit den Grundrechten beschriebenen Wertordnung des Grundgesetzes und insofern bei der Prüfung etwa von § 138 BGB zu beachten. Auch die Testierfreiheit genießt aber grundrechtlichen Schutz (Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG). Selbst wenn der Erblasser eine willkürliche Differenzierung vornimmt, kann dies Ausdruck seiner Testierfreiheit sein. Deshalb kann eine den Differenzierungsverboten des Art. 3 Abs. 3 GG widerstreitende letztwillige Verfügung im Lichte der Testierfreiheit nur in eng begrenzten Ausnahmefällen sittenwidrig sein. Ein solcher Ausnahmefall wird grundsätzlich nicht schon dann in Betracht kommen, wenn der Erblasser zwar in seiner letztwilligen Verfügung unter Verstoß gegen Art. 3 Abs. 3 GG differenziert, damit aber andere, von der Testierfreiheit gedeckte Ziele verfolgt wie insbesondere die aus Anlaß des Erbfalles erforderlich werdende Regelung seiner Vermögensverhältnisse und damit sachlich zusammenhängende Fragen. Anders kann es dagegen liegen, wenn die letztwillige Verfügung nach dem festgestellten Willen des Erblassers und den Umständen des Einzelfalles, insbesondere der Reichweite und den Auswirkungen des Testaments, darauf gerichtet und auch objektiv geeignet ist, den Betroffenen wegen des Merkmals, an das die Differenzierung anknüpft, nachhaltig in seiner Würde herabzusetzen. Legt man diesen Maßstab zugrunde, ist die Erbunfähigkeitsklausel des vorliegenden Falles nicht unwirksam.
Denn auch die Diskriminierung nach Abstammung und Herkunft kommt hier nur zum Zuge, wenn im maßgebenden Zeitpunkt, also beim Tod des Vorerben, überhaupt weitere männliche Abkömmlinge vorhanden sind, die die Anforderungen der Erbunfähigkeitsklausel erfüllen. Sonst fehlt es an einer Nacherbenberufung mit der Folge, daß der Vorerbe Vollerbe würde. Falls die Erbunfähigkeitsklausel aber zur Diskriminierung eines Enkels aus einem älteren Stamm führt, nützt dies den jüngeren Mannesstämmen und mindert damit deren Diskriminierung. In jedem Falle verbleibt den diskriminierten Abkömmlingen das Pflichtteilsrecht in Höhe der Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils nach Maßgabe der §§ 2303 ff. BGB. Vor allem hat der Erblasser mit seiner Regelung nicht das Ziel verfolgt, Druck auf die (im Jahre 1938 noch nicht geborenen) Söhne des Vorerben bei der Auswahl ihrer Ehepartner auszuüben und deren Söhne aus nicht ebenbürtigen Ehen zu diffamieren. Vielmehr ging es darum, für den mindestens zum Teil aus früheren Generationen stammenden und durch die Familientradition geprägten Nachlaß einen Nachfolger zu finden, der die auf Abstammung bedachte Tradition der Familie repräsentierte und deshalb geeignet erschien, den Nachlaß im Sinne des Erblassers und seiner Vorfahren fortzuführen. Einen danach geeigneten Nachfolger sah der Erblasser in dem nach der Erstgeburtsfolge berufenen männlichen Abkömmling, der aufgrund seiner Abstammung und - soweit er bereits eine Ehe eingegangen war - mit seiner Heirat den Vorstellungen des Erblassers vom Rang der Familie entsprach. Dieser an der Eigenart des Nachlasses und der in ihr verkörperten Familientradition orientierte Zweck der erbvertraglichen Regelung der Nacherbfolge wird insbesondere aus § 11 des Erbvertrages deutlich: Danach diente der Erbvertrag der Erhaltung des früheren Hausvermögens im hergebrachten Sinne, soweit dies nach Abschaffung der Monarchie und der Standesvorrechte des Adels in den Grenzen des bürgerlichen Rechts möglich blieb (s.o. III. 2. a)).

Gerade diesem Anliegen des Erblassers, unter den Abkömmlingen denjenigen als Erben auszuwählen, der ihm am besten geeignet schien, den Nachlaß in seinem Sinne fortzuführen, dient von jeher die verfassungsrechtlich verbürgte Testierfreiheit. Im Hinblick auf den begrenzten Anwendungsbereich der Erbunfähigkeitsklausel, das den benachteiligten Abkömmlingen verbleibende Pflichtteilsrecht und den nicht auf Diffamierung, sondern nachvollziehbar auf die Regelung seines Nachlasses gerichteten Testierwillen des Erblassers erweisen sich jedenfalls im vorliegenden Fall die Beeinträchtigungen der Abkömmlinge nicht als so gewichtig, daß sie nicht um der Testierfreiheit willen hinzunehmen sind. Ein Verstoß gegen § 138 BGB liegt deshalb nicht vor.


IV. Für eine Entscheidung in der Sache bedarf es weiterer Aufklärung. Zur Frage der Ebenbürtigkeit haben die Vorinstanzen - von ihrem Standpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen. Bei eigenständiger Prüfung des Sachverhalts müßte der Senat auch neu vorgetragene Tatsachen berücksichtigen (st. Rspr., vgl. etwa BayObLG FamRZ 1988, 878, 879; OLG Hamm FamRZ 1991, 1103, 1105 f.; Keidel/Kuntze, § 27 FGG Rdn. 59, 66 m.w.N.). Der Beteiligte zu 2) hat mit Schriftsatz vom 30. Juni 1998 geltend gemacht, seine jetzige Ehefrau erfülle sämtliche Voraussetzungen für die Anerkennung der Ebenbürtigkeit, wenn man in dieser Frage die Kriterien zugrunde lege, die Prinz Louis Ferdinand in einem Rundschreiben vom Januar 1964 genannt habe. Im Schriftsatz vom 2. April 1998 hatte der Beteiligte zu 2) ausgeführt, seinen Verzichtserklärungen vom 11. April 1961, 18. September 1967 und 27. Februar 1976 komme keine Bedeutung zu. Dem wird das Landgericht, an das der Senat die Sache zurückverwiesen hat, nachzugehen haben. Sollte sich ergeben, daß der Beteiligte zu 2) nicht Erbe sein kann, bliebe zu prüfen, ob seine jüngeren Brüder oder die an ihre Stelle getretenen Abkömmlinge - zunächst der Beteiligte zu 7), sodann der Beteiligte zu 1) und danach der Beteiligte zu 3) - den Anforderungen der Ebenbürtigkeitsklausel genügen. Soweit der Beteiligte zu 2) dem
Vortrag des Beteiligten zu 1) über die Ebenbürtigkeit seiner Mutter nicht mehr entgegengetreten ist, kommt eine Anwendung von § 138 Abs. 3 ZPO im Erbscheinsverfahren nicht in Betracht (§ 12 FGG, dazu OLG Köln FamRZ 1991, 117, 118; Keidel/Amelung, § 12 FGG Rdn. 21, 90).

Dr. Schmitz, Römer, Dr. Schlichting, Terno, Seiffert


Zurück zum Index